Seit einigen Tagen wird ein Musterantrag des Gesprächskreises Netzpolitik der SPD zur Vorratsdatenspeicherung breit diskutiert. Ihm wird unterstellt, dass er eine flächendeckende Überwachung des Internetverkehrs und des Kommunikationsverhaltens der Bürger einführen wolle. Der Gesprächkreis fordere angeblich, bis an die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Grenzen oder sogar darüber hinaus zu gehen. Dieses aber ist genauso falsch, wie der Eindruck, der im Rahmen dieser Kritik erzeugt wird: Dass es bezogen auf die Vorratsdatenspeicherung aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes in Deutschland überhaupt keiner politischen Diskussion bedürfe, „wie“ die Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in Deutschland aussehen solle und sich die Diskussion innerhalb der SPD daher allein auf das „ob“ beschränken könnte. Die Tatsache, dass das BMJ mit Vorlage seines Gesetzentwurfes im Juni 2011 die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung wieder eröffnet hat, würde eine solche Vogel-Strauß-Taktik aber der für die kommende politische Auseinandersetzung dringend notwendigen Orientierung der Partei schaden, so dass dringender Bedarf zur Klarstellung und Standortbestimmung besteht. (Update: Auch Alvar Freude hat inzwischen eine Replik veröffentlicht.)
Seit einigen Tagen wird ein Musterantrag des Gesprächskreises Netzpolitik der SPD zur Vorratsdatenspeicherung kontrovers diskutiert. Ihm wird unterstellt, dass er eine flächendeckende Überwachung des Internetverkehrs und des Kommunikationsverhaltens der Bürger einführen wolle. Der Gesprächkreis fordert angeblich, bis an die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Grenzen aus dem Urteil von März 2010 oder sogar darüber hinaus zu gehen. Insbesondere Kollege Thomas Stadler zeichnet in den Kommentaren auf seinem Blog und c´t online das verzerrte Bild einer „Roadmap zur Vorratsdatenspeicherung“. Richtig an seiner Kritik ist jedoch lediglich, dass es sich um einen politische Text im Diskussionsstadium handelt, um keinen Gesetzentwurf oder gar juristischen Aufsatz, und er daher an vielen Stellen vage bleibt. Eben weil der Text zunächst nur eine grobe Linie für kommende Diskussionen bis zum Parteitag der SPD im Dezember 2011 beschreiben soll. Das lädt zu kritischen Beiträgen ein – was einer politischen Debatte auch niemals schadet. Die Grenze redlicher Kritik aber wird überschritten, wenn Lücken mit Unterstellungen gefüllt werden, für die es weder im Text noch sonst Anhaltspunkte gibt. Vermischt wird dieses zudem mit unrealistischen Einschätzungen über den Stand der politischen Debatte, die sich auch in anderen Beiträgen finden. So aber dürfte bei vielen ein falscher Eindruck erzeugt werden, der meines Erachtens nach brandgefährlich ist: Es wird so getan, als ob es mit Bezug auf die kommende Neuauflage eines deutschen Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie zu Vorratsdatenspeicherung für die SPD besser wäre, die Augen vor den unangenehmen Realitäten zu verschließen und bestimmte Tatsachen einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen, anstatt rechtzeitig eine für diese Partei längst überfällige politische Debatte zu führen. Diese Vogel-Strauß-Taktik aber schadet der für die kommende politische Auseinandersetzung dringend notwendigen Orientierung, so dass dringender Bedarf zur Klarstellung und Standortbestimmung besteht:
Die Autoren des Antrages aus dem netzpolitischen Gesprächskreis der SPD – übrigens alle keine Berufspolitiker – lehnen die Vorratsdatenspeicherung schon aus grundsätzlichen Überlegungen heraus ab. Ich selbst kann für mich dabei in Anspruch nehmen, seit 1995 gegen jeden Versuch einer ausufernden Überwachung oder Beschränkung der Freiheit des Internet engagiert und dabei im Ergebnis manchmal auch erfolgreich gewesen zu sein. Seien es die Pläne von Innenminister Kanther zum Verbot teilnehmerautonomer Verschlüsselung, das Zugangserschwerungsgesetz oder eben auch das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Selbst um den Preis, damit in innerparteiliche Opposition zu geraten, werde ich daran auch in Zukunft festhalten.
Dieser Grundüberzeugung wird – anders als es manche Kritiker in die Texte hineinlesen wollen – aber auch an keiner Stelle des Antrages widersprochen. Ganz im Gegenteil, denn die generelle Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung ist ja gerade das Motiv, warum eine Neuorientierung der SPD in diesen Fragen erreicht werden soll. Denn bis heute existiert innerhalb der SPD keine Beschlusslage, die es Amts- und Mandatsträgern politisch unmöglich machen würde, selbst unverhältnismäßigen und überzogenen staatlichen Überwachungsgesetzen mit dem vorgeblichen Argument „mehr Sicherheit“ zuzustimmen. Unter den Netzpolitikern der SPD habe ich bislang dagegen keinen kennengelernt, der Maßnahmen unverhältnismäßiger und überzogener staatlicher Überwachung, die Speicherung von Daten auf Vorrat oder andere restriktive Eingriffe befürworten würde. Die meisten sind – wie ich selbst auch – vielmehr überzeugte Gegner von überbordender Überwachung und auch der Vorratsdatenspeicherung. Gemeinsam rufen wir daher auch zur Teilnahme an der Demonstration „Freiheit statt Angst“ am 10. September 2011 in Berlin auf.
Trotz anderer persönlicher Überzeugung in diesen Fragen müssen wir uns aber – anders als vielleicht in anderen Parteien und natürlich auch zivilgesellschaftlichen Gruppen wie dem AK Vorrat – im Zusammenhang eines Gesprächskreises beim SPD-Parteivorstand, auch der Tatsache stellen, dass es die eigenen SPD-Minister gewesen sind, die 2006 der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt haben. Zudem müssen wir mit Abgeordneten in den SPD-Fraktionen, wie auch Ministern in den Bundesländern, umgehen, die sich unserer Befürchtung nach auch für eine schlichte Neuauflage des eben erst vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Gesetzes begeistern könnten. Lediglich ein „Verbot der Vorratsdatenspeicherung“ zu fordern, reicht in diesen Zusammenhängen weder für eine Bewusstseinsänderung bei den Verantwortungsträgern aus, noch könnte es mehr bewirken, als sich selbst ein gutes Gewissen zu verschaffen.
Die Mitglieder des Gesprächskreises haben sich daher vielmehr vorgenommen, den Bundesparteitag der SPD im Dezember dazu zu nutzen, eine erstmalige Positionsbestimmung ihrer Partei in den wichtigsten netzpolitischen Fragen zu versuchen – auch beim Thema Vorratsdatenspeicherung. Selbst wenn es für sie aufgrund der problematischen Historie kein „Siegerthema“ sein kann, wollen sie im Interesse der Bürgerrechte so von der bisherigen Logik der Innenpolitiker wegkommen, jedes Jahr immer mehr Überwachung für das Internet zu fordern. An den unserer Einschätzung nach dabei realpolitisch maximal mehrheitsfähigen Positionen werben wir intern für Vorschläge, die sich als Ergebnis an der Situation vor 2006 orientieren sollen – einer Zeit also, in der Access-Provider IP-Adressen für 80 Tage gespeichert haben, es einen gesetzlichen Zwang zur Erhebung, Speicherung und Beauskunftung aller möglichen Arten von Telekommunikations- und Internetdaten aber noch nicht gegeben hat. Der Musterantrag, an dem die Diskussion entlangläuft, ist dabei der Versuch einer ersten groben Positionsbestimmung in diese Richtung. Der Antrag fordert die Europa- und Bundestagsabgeordneten auf, sich für eine grundlegende Überarbeitung der geltenden EU-Richtlinie einzusetzen. Ohne diese Änderung blieben alle EU-Länder verpflichtet, deutlich weitgehende Speicherverpflichtungen einzuführen – völlig egal, was die SPD dazu auf einem Parteitag beschließt.
Daher formuliert auch der Antrag an die Mandatsträger der SPD gerichtet: „Jegliche Art von Vorratsdatenspeicherung ist für die Sozialdemokratie ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger und darf daher, wenn überhaupt, nur in engen Grenzen erfolgen.“ Ausdrücklich abgelehnt wird insbesondere die Speicherung von E‑Mail-Verbindungsdaten und Standortdaten, gewollt ist insgesamt eine Begrenzung auf wenige Datenarten und – wenn überhaupt etwas gespeichert wird – nur für kurze Speicherfristen. Auskünfte sollen zudem nicht etwa für Urheberrechtsdelikte, sondern nur für schwere Straftaten erteilt werden, und zwar ausschließlich unter Richtervorbehalt und mit weitgehenden Beweisverwertungsverboten. Zivilrechtliche Auskunftsansprüche sollen nicht mehr bestehen. Bezogen auf Massenabmahnungen für Urheberrechtsinhaber sei hier erwähnt, dass diese auch heute – und zwar auch ohne irgendeine gesetzliche Vorratsdatenspeicherung – möglich sind. Ursache ist die sog. Enforcement-Richtlinie und ihre Umsetzung in §101 UrhG. Die Speicherung der dynamischen IP-Adresse ist zudem keine unzulässige Vorratsdatenspeicherung (vgl. auch OLG München vom 04.07.2011, Az. 6 W 496/11 und zu den Filesharing-Konstellationen z.B. diesen Kommentar). Der Musterantrag will dennoch diese Art zivilrechtlicher Ansprüche wie auch solche bei Ordnungswidrigkeiten ausschließen und dieses im Rahmen einer ganzheitlichen Debatte um die Vorratsdatenspeicherung regeln.
All dies geht deutlich über die Anforderungen hinaus, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber für eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung auferlegt hat – wenn es auch nicht Forderungen nach fundamentaler Ablehnung jeglicher Speicherung von Daten auf Vorrat zu entsprechen vermag. Zudem wird die Frage von Speicherung und Beauskunftung von dynamischen IP-Adressen anders beurteilt, als es vielleicht einer Mehrheit der Meinungen im Netz entspricht. Aber auch das aufgrund nachvollziehbarer Gründe und mit der gleichen Intention, wie es auch das Bundesverfassungsgericht getan hat (vgl. Ziff. 254 ff. der Entscheidung des BVerfG vom 2. März 2010: „Weniger strenge verfassungsrechtliche Maßgaben gelten für eine nur mittelbare Verwendung der vorsorglich gespeicherten Daten in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber den Diensteanbietern hinsichtlich der Anschlussinhaber bestimmter IP-Adressen, die diese unter Nutzung der vorgehaltenen Daten zu ermitteln haben. Die Schaffung von solchen Auskunftsansprüchen ist unabhängig von begrenzenden Rechtsgüter- oder Straftatenkatalogen insgesamt weitergehend zulässig als die Abfrage und Verwendung der Telekommunikationsverkehrsdaten selbst […]“)
Explizit – aber eben nicht abschließend aufgezählt, sondern lediglich beispielhaft erwähnt – werden in dem Antrag etwa die Speicherung von E‑Mail-Verbindungsdaten und Standortdaten grundsätzlich abgelehnt. Es soll also überhaupt nicht mehr auf Vorrat gespeichert werden dürfen, wer wann mit wem E‑Mails geschrieben oder sich mit seinem Mobiltelefon wo aufgehalten hat. Und auch wenn hier nicht alle möglichen Techniken (GSM, GPRS, UMTS, GPS, …) einzeln aufgeführt sind, sieht der Antrag dabei keine Ausnahme vor. Dabei wird diesbezüglich nicht nur eine Überarbeitung der Richtlinie der EU angestrebt, sondern auch eine Abkehr von der bisher immer noch herrschenden Praxis der Mobilfunkunternehmen, Standortdaten ihrer Kunden langfristig zu speichern und zu beauskunften.
Der Musterantrag richtet sich zum Teil dezidiert an die EU-Parlamentarier der SPD, mit dem Ziel sie für eine grundlegende Überarbeitung der bestehenden EU-Richtlinie zu gewinnen. Denn in Brüssel gibt es im Zuge der Evaluierung der Richtlinie aktuell eine Diskussion insbesondere etwa über die Frage der Kostenerstattung, die Zugriffsbedingungen auf Daten, kürzere Speicherfristen oder auch eine stärkere Differenzierung je nach Datentyp. Was es in Brüssel aber nicht gibt, ist jedoch eine erkennbare Debatte, die Richtlinie insgesamt abzuschaffen oder die Vorratsdatenspeicherung etwa ganz zu verbieten. Das muß man bedauern, aber noch bedauerlicher ist es, dass die Bundesregierung es offensichtlich nicht ansatzweise für notwendig erachtet, sich auf europäischer Ebene in die Diskussion um eine Revision der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung überhaupt in diese Richtung einzubringen, obwohl die Bundesjustizministerin in der deutschen Diskussion anderes behauptet.
In Bezug auf die EU-Richtlinie wird daher gefordert, die Höchstspeicherdauer auf sechs Monate zu begrenzen, also aus der Unter- eine Obergrenze zu machen, und nicht mehr wie bislang, Speicherung bis zu zwei Jahre zuzulasssen. Außerdem soll es den Mitgliedsstaaten freigestellt sein, ob und welche Telekommunikationsanbieter sie überhaupt zur Speicherung verpflichten (Kann-Regelung). Ersteres bringt sicherlich gegenüber der bisherigen deutschen Regelung keine Veränderung, weil dort ohnehin „nur“ eine sechsmonatige Speicherung vorgesehen war. Dieses würde jedoch die Situation in anderen europäischen Staaten ganz erheblich verbessern und auch das wäre dort ein erheblicher Fortschritt. Denn, das Bundesverfassungsgericht hat das deutsche Gesetz zur Umsetzung der europäischen Richtlinie zwar für nichtig erklärt. Jedoch nicht weil die Verfassungsrichter die EU-Richtlinie oder die anlasslose Speicherung von Daten etwa für grundsätzlich unvereinbar mit dem Grundgesetz halten würde. Nein, dieses wurde vielmehr ausdrücklich bestätigt. Lediglich an der konkreten Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Gesetz äußerten die Verfassungsrichter weitreichende Kritik, die der deutsche Gesetzgeber bei einer Neuauflage des Gesetzes zu beachten hat. Letzteres wäre schließlich nötig, damit überhaupt in Deutschland von der Umsetzungspflicht einer Richtlinie abgewichen werden kann. Ohne eine solche Öffnungsklausel, wonach die Umsetzung einer Richtlinie nicht verpflichtend ist, wäre in Deutschland auch nicht der Ausstieg aus dem Websperren-Gesetz realisierbar gewesen.
Mit der Vorlage ihres Gesetzentwurfes im Juni 2011 hat Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die Diskussion um die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht wieder eröffnet. Obwohl sachlich unzutreffend, haben zudem die Anschläge in Norwegen die Debatte in Deutschland weiter befeuert. Wie die FDP, schlagen auch die GRÜNEN dabei ein Konzept des sog. „Quick-Freeze“ vor, das vorgibt, bürgerrechtsfreundlicher als andere Arten der Vorratsdatenspeicherung zu sein. Das ist in Wahrheit aber nicht der Fall. Denn nach ihrem Vorschlag sollen nicht nur alle Arten von Daten für kurze Zeit auf Vorrat gespeichert werden, sondern auf Zuruf der Behörden per „Sicherungsanordnung“ schockgefrostet werden. Eine solche Schockfrostung soll nur dann unzulässig sein, wenn schon bei ihrem Erlass voraussehbar war, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Daten nicht eintreten werden. Über diese Negativklausel in § 100j Abs. 1 des StPO-Entwurfs versteckt, öffnet das „Quick-Freeze“ den Ermittlungsbehörden damit aber in der Praxis die Möglichkeit, stets alle Daten auf Verdacht sichern zu lassen, da der Verlauf und Ausgang des Ermittlungsverfahrens in aller Regel nie voraussehbar ist. Beim „Quick-Freeze“ würden die Ermittler also gar nicht mehr zu einer Prüfung über die Notwendigkeit einer Sicherung angehalten werden. Es steht daher zu befürchten, dass Polizeidienststellen bzw. Staatsanwaltschaften zukünftig – quasi als Standard, um etwaige Datenverluste zu vermeiden – breit angelegte Freezing-Anforderungen versenden, was nicht zu einer geringeren, sondern vielmehr höheren Belastung und zu weitaus größeren Grundrechtseingriffen führen würde. Als einen gefährlichen „Wolf im Schafspelz“ lehnen die meisten SPD-Netzpolitiker daher das „Quick-Freeze“ Konzept von FDP und GRÜNE ab, wie im übrigen der AK-Vorrat auch.
Der Vorschlag des SPD-Gesprächskreises sieht, anders als beispielsweise Thomas Stadler es behauptet, dagegen gerade nicht vor, dass alle Arten von Telekommunikations-Verbindungsdaten ohne Einschränkung gespeichert werden sollten, sondern das genaue Gegenteil: Die Art der Daten und die Dauer ihrer Speicherung sollen insgesamt und allesamt begrenzt und besonders sensible Datenarten sollen möglichst ganz aus dem Katalog der Richtlinie der EU, mindestens aber in Deutschland gestrichen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat hier einen Weg für eine differenziertere Betrachtung der Daten hinsichtlich ihrer Eingriffstiefe und hinsichtlich des jeweiligen Profilbildungspotentials aufgezeigt.
So richtig und wichtig es ist, wenn sich Gruppen wie der AK Vorrat oder die Jusos in der SPD für ein möglichst vollständiges Revirement der EU-Richtlinie einsetzen um damit mit Gruppen wie der EDRI vielleicht politisch noch mehr in Brüssel zu erreichen, muss sich ein Expertengremium wie der Gesprächskreis Netzpolitik in der SPD auch der Einsicht stellen: Forderungen, die EU müßte die Richtlinie komplett streichen oder die Vorratsdatenspeicherung gar europaweit verbieten, sind ein wünschenswertes, aber angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse in der EU kein realistisches Ziel. Denn absehbar besteht in den meisten Ländern Europas überhaupt keine Bereitschaft, die dort bereits national seit vielen Jahren existierenden Regeln der Überwachung nur wegen der Evaluierung der Richtlinie abzuschaffen. Es wird daher im Rahmen der Revision der Richtlinie bestenfalls gelingen, den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum zu eröffnen, ob sie überhaupt Telekommunikationsanbieter zur Speicherung verpflichten wollen, oder eben nicht. Erst mit einer sog. Kann-Regelung, die in dem Antrag gefordert wird, könnte in Deutschland auf die Umsetzung der Richtlinie ganz oder wenigsten zum Teil verzichtet werden. So lange aber die Pflicht zu Umsetzung in deutsches Recht einer – wie auch immer am Ende nur im Detail überarbeiteten EU-Richtlinie – zu erwarten ist, muß sich die SPD auch Gedanken darüber machen, wo sie ihre Grenzen ziehen will. Insbesondere in den Ländern, in denen sie die Innenminister stellt, kann sie sich dieser Frage nicht entziehen, seitdem das Bundesjustizministerium seinen Vorschlag vorgelegt hat.
Für diesen Fall sieht der Antrag nicht nur Beschränkungen der Datenarten, sondern auch sonst weitreichende Begrenzungen vor, wie beispielsweise ganz generell sehr kurze (gedacht ist an nicht mehr als 7 Tage) Speicherungen von Verbindungsdaten, Auskünfte grundsätzlich immer nur beim Verdacht schwerer Straftaten (sog. Katalogtaten) und nur auf richterliche Anordnung, ein absolutes Verwertungsverbot für die Kommunikation mit Geheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten, und einiges mehr. Die möglichen grundrechtlichen Belastungen liegen damit unseres Erachtens noch weit unter den Vorschlägen des Justizministeriums. Selbst jetzt speichern Telekommunikationsanbieter diese Daten teilweise deutlich länger. Laut Wiki des AK Vorrats speichert und beauskunftet beispielsweise T‑Mobile Verbindungsdaten 30 bzw. 80–180 Tage und Standortdaten ebenfalls 30 Tage. Bei anderen Mobilfunkbetreibern sieht es momentan nicht anders aus (E‑Plus speichert laut AK Vorrat momentan Standorddaten 90 Tage, Vodafone ausgehende Verbindungsdaten sogar 180 Tage). Hier sei noch einmal auf den Musterantrag verwiesen: Er will keine Speicherung von Standorddaten, sowie die Beschränkung der Speicherung von Verbindungsdaten auf wenige (möglichst nur sieben) Tage.
Lediglich an einem Punkt gibt es eine echte Differenz zu anderen Vorschlägen aus der netzpolitischen Szene, zu dem wir aber auch klar stehen. Zur Speicherung dynamischer IP-Adressen steht im Text folgendes:
„Die Beauskunftung von Anschlussinhabern anhand einer IP-Adresse kann als milderes und weniger eingriffsintensives Mittel zur Aufklärung von Straftaten genutzt werden. Dabei sollte ein Abruf jedoch nur innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen können.“
Gemeint ist dabei eine Rückkehr zur Speicherung von dynamischen IPs für maximal 80 Tage, in denen auch bei staatsanwaltlichen Ermittlungen in Fällen der Massenkriminalität, also nicht nur für schwere Straftaten, unter dem Vorbehalt richterlicher Überprüfung Auskunft beim Zugangsprovider verlangt werden können soll. Selbstverständlich bezieht sich auch das allein auf die auch vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erachteten Fälle, in denen Ermittlern eine IP-Adresse bereits aus einer anderen Quelle bekannt ist und anschließend nur noch die Zuordnung zu einem bestimmten Anschlussinhaber erfolgen soll.
Seine Begründung findet diese angestrebte Sonderregelung für dynamische IP-Adressen darin, dass ein funktionaler Unterschied zwischen statischen IP-Adressen, die man wie z.B. auch normale Telefonnummern zu den Bestandsdaten zählt, und dynamischen IP-Adressen, die heute juristisch meist zu den Verbindungsdaten gerechnet werden, unserer Überzeugung nach in Wirklichkeit nicht existiert. Es wäre daher aber sowohl den Ermittlungsbehörden, wie auch dem Opfern von Straftaten wie Internetbetrug gegenüber schlicht nicht zu begründen, warum man ohne Probleme einen normalen betrügerischen Anruf zu einem Teilnehmeranschluss zurückverfolgen können sollte, einen VoIP-Call aber nicht, selbst wenn die korrekte IP beim Opfer bekannt ist. Klar: Natürlich wird man auch dann IP-Adressen verschleiern und auch weiterhin vollständig anonym im Netz unterwegs sein können, wenn einem das wichtig ist. Aber es ist etwas anderes, als ob ich den jährlich tausenden Opfern von Betrügereien erkläre: „Pech, man könnte Dir vielleicht problemlos helfen und den Täter ermitteln, aber unter Mord und Totschlag geht da im Internet gar nix“. Dem steht auch keine andere Abwägung entgegen, denn eine Rückkehr zur Speicherung von dynamischen IPs für z.B. 80 Tage, wie vor 2006, und unter dem Vorbehalt richterlicher Überprüfung zur Ermittlung des Anschlußinhabers, ist für diese Art von Fällen auch vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als verfassungsgemäß erklärt worden.
Unterstellungen, damit sollten Anonymisierungdienste für unzulässig erklärt werden, entbehren jeder Grundlage. Schließlich auch der Vorwurf, die SPD-Netzpolitiker würde mit diesem Vorschlag „ohne Not“ einen „Dammbruch“ in der politischen Auseinandersetzung verursachen. Wer so argumentiert, versucht lediglich eine Tatsache zu ignorieren, der sich die SPD aber dort, wo sie in Regierungsverantwortung ist, nicht entziehen kann: Der Damm ist bereits 2007, mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie, gebrochen und konnte bis heute nicht wieder geschlossen werden (vgl. dazu auch die Diskussion hier) – die Traueranzeige von damals bringt es treffend zum Ausdruck. So lange dieser Damm aber nicht geschlossen ist, geht es nicht mehr um das „ob“, sondern leider nur noch um das „wie“ der Vorratsdatenspeicherung und eine Diskussion entlang entsprechender Verteidigungslinien. Das Bundesverfassungsgericht jedenfalls hat den Damm, der in Brüssel geöffnet wurde, nicht geschlossen und auch im Rahmen der laufenden Evaluation ist dieses nicht zu erwarten. Da die EU-Richtlinie aber zwangsweise in deutsches Recht umzusetzen ist, wird man nicht umhin kommen, sich diesem Problem mit politischer Redlichkeit zu stellen, um zum Schutz der Bürgerrechte wenigstens eine möglichst weitgehende Eingrenzung zu versuchen. Und nichts anderes will ich gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Gesprächskreises Netzpolitik der SPD und will dieser Antrag bewirken.
Ich habe die Links jetzt überflogen, es ist immer nur von Einzelfällen die Rede;
Bei Einzelfällen kann man nicht rastern (80Mio sind keine Einzelfälle).
Die Swift Daten, in denen gerastert werden kann, Meldeamtsdaten, Telefonbücher, die der Rasterung zugänglich sind, dienen nicht ausschließlich der Strafverfolgung. Deswegen werden sie nicht erstellt.
Bei Datensammlungen, die ausschließlich zur Strafverfolgung (z.B. DNA-Sammlungen) dienen, ist ein Anfangsverdacht nötig, um in sie zu gelangen, sie erfassen nicht jeden Bürger.
Der Anfangsverdacht bei der VDS ist der Besitz eines Telefon(-DSL-)anschlußes.
Einerseits weiss ich ja, dass die freie Rede (und damit Demonstrationen) schärfer sind als jedes Schwert (und deshalb genauso überwacht werden müssen wie Waffenbesitz), andererseits ist es schön in diesem Urteil bestätigt zu werden.
Nachdem Du die diversen Geheimdienste und die Verwertungsindustrie mit ihren Abmahnungen als treibende Kraft hinter der VDS ausschließt und die Daten nur für schwere Verbrechen verwertet werden dürfen (für die sie von, sagen wir mal, beschränkten Wert sind), bleibt meine Frage: Wer hat Interesse an der VDS, wenn es nicht ein ureigenes Projekt der SPD ist, die ja auch die verschiedenen Versuche der Durchsetzung gestartet hat?
Was kommt als nächstes?
Wenn die VDS also sinnlos sein sollte, ist die Durchsetzung also nur als Machtdemonstration des Staates über seine Bürger zu interpretieren. (Das ist noch schlimmer, als wenn die Geheimdienste oder andere Interessengruppen dahinter stünden…)
Hauptsache Scooter ist sicher! Also ein kleiner Disclaimer am Anfang des Textes wäre schon professioneller.
Die Argumentation „die EU will das, wir muss dass machen, sonst wird es teuer“, macht keinen Sinn. Zudem wird hier die Entstehungsgeschichte der RL (die jeder grob auf Wikipedia nachlesen kann) unterschlagen.
„Hingegen lehnte es der Deutsche Bundestag am 20. Juni 2006 ab, ebenfalls vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Richtlinie zu klagen. Ein entsprechender Antrag der Opposition wurde von den Abgeordneten der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD abgelehnt.“ (Wikipedia)
Letztendlich ist dieser Text nicht gerade Support für die SPD Wahl in Berlin. Naja, die Piraten wird es freuen.
Unterschlagen habe ich da gar nichts, aber vielleicht verstehst Du jetzt, warum ich meine, dass das Thema VDS kein „Siegerthema“ für die SPD sein kann? Dennoch ist es wichtig, dass sich die Partei hier anders positioniert, als noch in der Vergangenheit – eben damit so etwas an dieser Stelle nicht wieder passieren kann. Denn, egal wie die Piraten bei Wahlen jetzt abschneiden: Im Zweifel kommt es eher immer noch auf die Stimmen der SPD im Parlament oder einem Kabinettstisch an.
Ja, eben. So etwas wie eine „Rasterung der gesamten Bevölkerung“ oder Ähnliches gibt es nicht und ist aufgrund der uneinheitlichen technischen Infrastruktur in Deutschland auch nicht möglich. Schau Dir dazu vielleicht mal meinen Vortrag hier an. In der Türkei könnte man so etwas vielleicht am zentralen Knoten machen, in Deutschland nicht. Der Rest ist lediglich Verschwörungstheorie.
Treiber bei diesem Thema sind seit Jahren „normale“ Ermittlungsbehörden. Und beim Thema IP-Speicherung mehr als 31.000 Internet-Betrugsfälle, wenn ich die neusten Zahlen richtig gelesen habe. Das sind einfach zu viele, als dass man argumentieren könnte, es gäbe keinen Bedarf einer Identifizierbarkeit von Teilnehmeranschlüssen anhand von IP-Adressen beim Zugangsprovider, wenn dem gleichzeitig nicht die Gefahr für Bürgerrechte gegenübersteht, die Du siehst. Und übrigens auch nicht vom BVerfG gesehen wird.
Sorry, hatte ich übersehen: Ja – gegen ein neues Gesetz, wenn es vom Bundestag verabschiedet wird, ist natürlich erneut Verfassungsbeschwerde möglich. Gegen die Richtlinie oder das alte Gesetz hat sich das erledigt.
„Halte ich für eine absolut richtige Einstellung. Zur “ekeligen Realpolitik” gehört es aber – spätestens wenn man Regierungsverantwortung hat oder sie bekommen könnte – dass man auch dann nicht aufhören darf Politik zu machen, wenn man trotz allem engagierten Widerstand einmal “verloren” hat.“
Ich glaube, dein Zitat bringt auf den Punkt, was in der Politik heute nicht stimmt. Niemand ist mehr bereit für seine Positionen zu kämpfen und einzustehen – stattdessen wird von vorneherein immer gleich der bequemste Kompromiss gewählt, damit auch ja alles glatt läuft.
Das Problem ist nur, dass jeder Kompromiss auf dem Gebiet der Bürgerrechte selbige beschädigt.
Dazu einfach mal ein anderes Zitat:
„Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren“ (Brecht)
„Keine Partei in Deutschland wird das Thema auch noch 2013 im Bundestag sehen wollen, wenn einerseits Wahlen und dann auch noch die Strafzahlungen drohen. Denn rechtfertige Dich mal gegenüber Wählern, die vom Internet nix verstehen und vielleicht von Freiheit nicht so viel halten wie Du und ich, wenn Deutschland dann “wegen so was” eine Millionen oder gar Milliarden-Strafzahlung droht.“
Das zu rechtfertigen ist nicht das Problem. Es gibt ja extrem gute Gründe gegen die VDS und eigentlich keine sinnvollen Gründe, die dafür sprechen. Es braucht einfach den Mut, den Leuten zu sagen: wir sind gegen die VDS aus den und den Gründen und wir sind bereit für unsere Ansicht auch einen Konflikt mit der EU zu riskieren.
Das Problem ist doch, dass die VDS hierzulande gescheitert ist und nun über die EU-Hintertür reingedrückt wurde u.a. weil die SPD das mitgetragen hat. Sich dann hinter der EU-Richtlinie zu verstecken ist armselig.
Und was die Strafzahlungen angeht: man muss sich nicht von der EU erpressen lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Strafzahlungen rechtens sind, die Deutschland zwingen würden, gegen das eigene Grundgesetz zu verstoßen. Das wäre aus meiner Sicht nur ein weiterer Sargnagel für die EU – ein Bündnis auf dieser Basis kann keine Zukunft haben.
Last but not least: wenn Milliarden über Nacht in marode Banken gepumpt werden können, dann halten wir zur Not auch solche Strafzahlungen aus. Im Zweifelsfall ist dann weniger Geld für die Rettung der Banken oder der anderen EU-Länder da, mal sehen, wie Ernst es dann mit den Strafzahlungen wird.
Am Ende braucht es natürlich ein Stück weit Mut, sich von den Bahnen der sog. „Realpolitik“ zu verabschieden und für seine Ideale einzutreten. Wenn man immer gleich am Anfang sagt, dieses oder jenes sei zwar sehr nett, aber wenn man mal regiert, könne man das nicht mehr durchsetzen, dann wird man auch nichts bewegen können.
>Treiber bei diesem Thema sind seit Jahren “normale” Ermittlungsbehörden. Und beim Thema IP-Speicherung mehr als 31.000 Internet-Betrugsfälle, wenn ich die neusten Zahlen richtig gelesen habe. Das sind einfach zu viele, als dass man argumentieren könnte, es gäbe keinen Bedarf einer Identifizierbarkeit von Teilnehmeranschlüssen anhand von IP-Adressen beim Zugangsprovider, wenn dem gleichzeitig nicht die Gefahr für Bürgerrechte gegenübersteht, die Du siehst. Und übrigens auch nicht vom BVerfG gesehen wird.
Das heisst also, die VDS wird für die Massenfälle gebraucht und das Gerede von schwersten Straftaten ist Blödsinn an der Grenze zur Lüge. Und Ihr wollt sie genau dafür einführen.
Ich danke, dass das so klar gesagt wird, normalerweise (wie auch hier) werden diese Dinge zwar nicht geleugnet sondern bestenfalls in den Kommentaren auf Nachfrage zugegeben.
(N.B.: Diese Massendelikte sind natürlich nicht oder schwerer mit dem Quick freeze aufklärbar)
Dass das BVerfG umgefallen ist (seit der Entscheidung zur Volkszählung) ist zwar bedauerlich, war aber absehbar, schließlich werden die Richter von den Parteien gewählt und zwei CDU/CSU Vertreter hatten rein gar nichts an der gekippten Regelung auszusetzen.
>“Rasterung der gesamten Bevölkerung” oder Ähnliches gibt es nicht.
Wir reden aneinander vorbei. Genau dieses ist mit den ETSI Regelungen möglich und dazu braucht man keine zentrale Knoten, man muss nur wissen, wo die Daten gespeichert sind.
„Vorgesehen ist demnach, dass die umfangreichen Informationshappen aus der Vorratsdatenspeicherung samt dem Einsatz unvollständiger Suchbegriffe und frei definierter Stichwörter in Form so genannter Wildcards durchforstet werden könnten.“
„Im einleitenden Absatz über den Geltungsbereich des Pflichtenhefts zur Vorratsdatenspeicherung heißt es wörtlich: „Es enthält ein Set von Anforderungen zu Übergabeschnittstellen für zurückgehaltene Verkehrs- und Stammdaten von Strafverfolgern und anderen zur Anfrage ermächtigten Behörden.“ Früher war in entsprechenden ETSI-Dokumenten zwar noch klarer von zugriffsberechtigten „Agenturen für Staatssicherheit die Rede“, doch die nun gewählte Klausel ist genauso auszulegen. “
Aus: http://www.heise.de/newsticker/meldung/ETSI-legt-Standards-zum-Data-Mining-bei-der-Vorratsdatenspeicherung-fest-178769.html
Davon hört man aber komischerweise nichts mehr und die Geheimdienste werden davon ausgiebig Gebrauch machen, wenn die Daten vorliegen und die Schnittstellen implementiert sind (Das ist natürlich eine Verschwörungstheorie, der ich da anhänge…)
Das stimmt – „die Kröten nicht schlucken, sondern ihnen über die Straße helfen…“, aber neben dem Mut braucht es zumindest auch die Aussicht auf andere Mehrheiten. Ansonsten ist es zwar ein heldenhafter, aber sinnloser Kampf.
Zudem vergessen viele in der Debatte ganz offensichtlich eines: Wir, die wir diese Debatte ja schon etwas länger führen, haben diesen Mut ja bereits aufgebracht! Aber, obwohl es uns noch 2005 gelungen ist, trotz Otto Schily&Co. einstimmige Ablehnungen des Bundestages gegen die EU-Richtlinie zu organisieren, haben wir am Ende diese Haupt-Schlacht verloren. Das kann man ganz schrecklich finden – ist aber so, sorry! Die Todesanzeige die diesen Artikel ziert, stammt ja nicht von mir und sie stammt aus dem Jahr 2007. Die Massenklage vor dem BVerfG war bereits ein Rückzugsgefecht. Und der Sieg dort hat sich als Phyrrussieg erwiesen – das mag nur offensichtlich keiner so offen aussprechen. Denn durch dieses Urteil werden die Strafzahlungen gegen Deutschland eben Rechtens, weil die Richtlinie eben NICHT gegen Grundrechte verstößt und daher umzusetzen ist – nur eben anders, als beim alten VDS-Gesetz vorgesehen. Auf Deine oder meine Subjektive Meinung dazu kommt es dabei nicht an – allein auf das Urteil des Verfassungsgerichtes.
Das tun wir nicht. Wir wollen sie ja verändern, damit sich auch hier bei der nächsten Auflage des Gesetzes in Deutschland überhaupt etwas wesentliches ändern kann. Nur wenn diese Änderungen NICHT kommen, wird es in Deutschland nicht möglich sein, wesentlich von der EU-Richtlinie abzuweichen. Das ist keine Meinung, das ist einfach eine rechtliche Tatsache.
Du vielleicht, der Rechtsstaat darf das nicht aushalten. Er hat – wegen des Urteils des BVerfG – keine Begründung dafür, die Umsetzung der Richtlinie verweigern zu können.
Ach, Herr Mönikes, sagen Sie mal, ist es nur ein dummer Zufall dass Sie sich vehement für die Speicherung von IP-Adressen einsetzen und gleichzeitig bei <a href=„http://abmahndatenbank.de/Web%20Schalast%20und%20Partner.html„Schalast & Partner arbeiten?!
Für wie dumm hält die Verräterpartei die Leute eigentlich?
Jetzt ergibt das endlich Sinn, wieso ein SPD-Politiker soviel Zeit und Energie für dieses Thema aufwendet. Offenbar ist die VDS aus wirtschaftlichen Gründen gewollt, und deshalb kann kein SPD-Politiker einfach nur dagegen stimmen, sondern muss – wenn auch mit üblen Bauchschmerzen (so wie das letzte Mal auch) – die VDS irgendwie durchboxen.
Die Argumente, die für die VDS vorgebracht wurden, waren ja auch eher dürftig bzw. ignorierten oft Gegenargumente (fundamentale Grundrechtsprobleme) und Fakten (z.B. dass die bisher bestehende VDS statistisch gesehen kaum nennenswert gestiegene Verbrechensaufklärungsquoten erbrachte).
Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, in welcher Kanzlei ich bin und auch nicht, dass ich von Urheberrechtsabmahnungen persönlich nichts halte. Die Unternehmen/ Anwälte in diesem Bereich brauchen aber auch heute keine VDS. Ich empfehle z.B. das hier mal zu lesen und nicht nur FeFe…
Die Forderung die wir vorschlagen, würde das beenden. Aber, ja: Wenn eine Staatsanwaltschaft eine Urheberrechtsverletzung als so gewichtig ansieht, Ermittlungen zu betreiben, wird sie auch in Zukunft den Teilnehmeranschluss identifizieren können. Nur, sorry – ohne Änderung des Urheberrechts ist Filesharing nun mal illegal und bleibt es auch. Abmahnende Anwälte hin oder her…
Sie arbeiten in einer Kanzlei, die Filesharer abmahnt, halten aber nichts von dieser Praxis?! Hahahaha, der war gut!
Danke für den Hinweis! Eigentlich ist ein ebenso Unding dass die Provider Daten für Bagatellfälle wie Filesharing herausgeben müssen. Auch damit sollte Schluss sein!
>Wir, die wir diese Debatte ja schon etwas länger führen, haben diesen Mut ja bereits aufgebracht! Aber, obwohl es uns noch 2005 gelungen ist, trotz Otto Schily&Co. einstimmige Ablehnungen des Bundestages gegen die EU-Richtlinie zu organisieren, haben wir am Ende diese Haupt-Schlacht verloren.
Dann sollten die SPD-Netzpolitiker aber folgendes klar sagen (Wenn meine Schussfolgerung stimmt):
»Treiber bei diesem Thema sind seit Jahren “normale” Ermittlungsbehörden. Und beim Thema IP-Speicherung mehr als 31.000 Internet-Betrugsfälle, wenn ich die neusten Zahlen richtig gelesen habe. Das sind einfach zu viele, als dass man argumentieren könnte, es gäbe keinen Bedarf einer Identifizierbarkeit von Teilnehmeranschlüssen anhand von IP-Adressen beim Zugangsprovider.
>Das heisst, die VDS wird für die Massenfälle gebraucht und das Gerede von schwersten Straftaten (inkl. Katalogstraftaten) war Irreführung der Bevölkerung, da diese Daten in der Regel nicht gebraucht werden, sondern nur der Beifang von Bestandsdaten, (die ja leider, leider ebenfalls gespeichert werden müssen). Die Unterscheidung zwischen Verkehrs und Bestandsdaten wurde genau aus diesem Grund eingeführt, um die Bestandsdaten (i.e. ip-Adresse, zwangsweise, mit Ziel der Aufklärung von kleineren Betrügereien oder Uhrheberrechtsverletzungen) weiter speichern zu können .
Tun die Politiker das, oder stimmt meine Schlussfolgerung nicht? Ich frage hier Dich als SPD-Netzpolitiker.
Und ich frage, warum das nicht genauso immer wieder von Euch kommuniziert wurde. Ich habe mir das hier ja auch erst mühsam (vielleicht falsch) hier zusammenreimen müssen, denn ich dachte wirklich, Geheimdienste (auch aus den USA) stünden hinter der VDS.
Soll ich mit diesen Hintergrund nochmal Euren Vorschlag lesen?
Nein, das wurde nicht „eingeführt“, sondern das war schon immer so. Erst durch die Dynamisierung der IP-Vergabe wurde aus einem Stammdatum auf einmal an Verbindungsdatum. Nur ist die Dynamisierung ja aus Adressmangel eingeführt worden, nicht etwa um Anonymität oder Un-Identifizierbarkeit zu etablieren. Das war so lange kein Problem, so lange nicht der Datenschutz die Löschung dieser IP-Daten verlangte. Kollege Stadler hat den Zusammenhang hier mal erklärt: http://www.internet-law.de/2011/01/der-zusammenhang-von-vorratsdatenspeicherung-und-datenschutz.html . Daraus ergab sich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung. Und dabei wurde dann eben der große Wunschtopf eröffnet. Was stimmt: Einige Ermittler wollten am Anfang gerne möglichst ALLES gespeichert haben, was auch nur irgendwie MÖGLICH ist. Und weil auch in der Politik keiner geschnallt hat, was man davon wirklich brauchen kann gerade auch bei – schwersten Straftaten – hat man nicht auf die wenigen Netzpolitiker gehört und es ihnen gegeben. Langsam nimmt aber auch dort die Erkenntnis zu, dass man vielleicht nicht alles braucht und bei der Politik, das man auch nicht alles geben muss.
Was aber klar ist: Ohne die Möglichkeit der Identifikation von Teilnehmern, kann Strafverfolgung im Netz oftmals schlicht unmöglich werden. Über die Grenzen streiten wir gerade. Und wir vertreten dabei eben die Position, dass wir meinen, das IP-Zugangsdaten reichen.
Ich arbeite in einer Kanzlei, in der sehr viele Anwälte arbeiten und die unterschiedlichste Mandate und Mandanten bearbeiten. Es ist nicht Teil unseres Berufes, darüber zu urteilen. Denn in einem Rechtsstaat haben selbst die schlimmsten Verbrecher Anspruch auf einen Anwalt. Selbst wenn ich ein Mandat vielleicht nicht übernehmen würde. Was wir aber definitiv nicht sind ist eine Kanzlei, die etwa auf diese Fälle spezialisiert wäre oder wo das auch nur ein Schwerpunkt wäre.
>Nein, das wurde nicht “eingeführt”, sondern das war schon immer so.
Interessant. Die Unterscheidung ist also nicht willkürlich?
>Daraus ergab sich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung.
Wirklich?
(Da in Europa die Grenzkontrollen weggefallen sind, ergibt sich die Notwendigkeit, die Reisen der Bürger anders zu kontrollieren, insbesondere durch Aufzeichnung der Standortdaten ihrer Handys. Diese Argumentation ist analog und schließlich sollte die VDS das auch leisten. Die Notwendigkeit ist ja klar gegeben, man kann damit die Bewegungen von Hooligans nachvollziehen und braucht keine temporären Kontrollen, wie jeder sieht, ist das klar der grundrechtsschonendere Eingriff in die Bürgerrechte, als wenn jeder an der Grenze kontrolliert würde…)
>Was aber klar ist: Ohne die Möglichkeit der Identifikation von Teilnehmern, kann Strafverfolgung im Netz oftmals schlicht unmöglich werden.
Wie überall sonst auch. Konsequent zu Ende gedacht, nein, dann werde ich unsachlich…
(Die anlasslose DNA-Erfassung der Bevölkerung ist dann erst der Anfang…)
Es bleibt der Vorwurf: Es wurde nicht gesagt, dass die VDS nur für Bagatelldelikte (eben nicht für Katalogstraftaten) benötigt und eingeführt wurde. Wie kommt es bloss, dass man Politikern keinen Glauben mehr schenkt?
Wieso wurde die VDS am 9.November beschlossen, in der Hoffnung, dass sie dann nicht die erste Meldung in den Nachrichten ist? Wie kommt es, dass die EU involviert ist? Damit hat sich für mich das europäische Projekt erledigt. Sorry…
>Es bleibt der Vorwurf: Es wurde nicht gesagt, dass die VDS nur für Bagatelldelikte (eben nicht für Katalogstraftaten) benötigt und eingeführt wurde.
Es bleibt der Vorwurf: Es ist nicht klar hervorgehoben, dass in Eurem Vorschlag die VDS nur für Bagatelldelikte (eben nicht für Katalogstraftaten) benötigt wird.
Hallo Jan Moenikes, mit unterschlagen meinte ich, dass Du nicht auf den historischen Kontext der VDS eingegangen bist. Aus meiner Sicht hätte die SPD die VDS vorzeitig verhindern können, dass wollte sie aber nicht. Wie ist Deine Sicht dazu? Mein Stichworte wäre „Rat der Innenminister“ oder auch die Abstimmung
vom 9. November 2007.
Ansonsten ist Dein Artikel, so gut er auch gemeint gewesen ist, ein Eigentor geworden.
Das ist eine Sichtweise wie damals twister sie hatte. Als ob es damals eine Mehrheit gegeben hätte, die VDS zu „verhindern“. Das stimmte aber nicht, denn im Gegenteil gab es auch in der SPD seinerzeit eine Mehrheit für Richtlinie und Gesetz. Das ändert aber nichts daran, dass es heute einer Korrektur dieser Position bedarf. Für die SPD wäre das, was wir vorschlagen, demgegenüber eine sensationelle Kehrtwende gegenüber damals. Daher sehe ich hier auch kein „Eigentor“. Denn das würde ja bedeuten, die SPD müßte bei ihrer Position damals bleiben?!
Und wieder: Die Speicherung von IP-Adressen ist nicht „die VDS“ und andere Instrumente aus der VDS-RL lehnen wir ab und könnten wir uns daher – wenn überhaupt – nur vorstellen, wenn sie allein für Katalogstraftaten zugelassen würden.
>Und wieder: Die Speicherung von IP-Adressen ist nicht “die VDS”
Da bin ich definitiv anderer Meinung. Die Behauptung, das sei nicht „die VDS“ grenzt an eine Lüge, wie ich oben schon erläutert habe. Zumindest ist sie grobe Irreführung. Die Daten werden nur aufgrund „der VDS“ gespeichert und zur allgemeinen Strafverfolgung verwendet. Das ist also nicht „die VDS“.
Ah ja. Kann man also noch irgendwas glauben, was Politiker sagen?
Umfrage „Konservativer Markenkern: Innere Sicherheit“ 2/3 der Bevölkerung lehnt die verdachtslose VDS ab. Die SPD nicht, aber seit wann vertritt die SPD auch mal die Mehrheit der Bevölkerung oder engagiert sich für die Freiheit der Bürger anstatt für die scheinbare Sicherheit? Was ihr zusammen mit der CDU seit 2001 für unsere Freiheit getan hat setzte Maßstäbe.
Was für die SPD zählt ist sich wieder als verlässlicher zukünftiger Juniorpartner der CDU zu positionieren. Den richtigen Kompromiss bei VDS wird man dann auch treffen oder glaubt jemand ernsthaft, dass die CDU die Position der gerade noch Volkspartei SPD 1:1 übernehmen wird?
Nachdem die alte 5% Partei dabei ist sich selbst zu beerdigen braucht es ja einen Nachfolger und die SPD zeigt wieder mal dass sie bereit ist. Pragmatismus ist gut, aber eben nicht immer.
Manchmal muss man zu Prinzipien stehen. In anderen Ländern kämpfen Menschen für Freiheit und Privatsphäre, hier braucht es nur ein paar Vertreter von Polizei, Geheimdienst und Unterhaltungsindustrie und jeder ist verdächtig und der gläserne Bürger wird zum ideal. Wer nichts getan hat der braucht sich auch nicht fürchen. Hört sich plausibel an, ist aber kein freiheitlicher und demokratischer Grundsatz.
Das ist ja alles ganz interessant, was Du da schreibst – aber was hat es mit der Diskussion hier zu tun? Hier geht es überhaupt nicht um Pragmatismus, keiner der Menschen um die es hier geht will den gläsernen Bürger und es hört sich für mich noch nicht mal plausibel an, wenn Du sagst „Wer nichts getan hat der braucht sich auch nicht fürchten“. Worum es hier geht ist, wie wir es schaffen können nicht ein bestehendes europäisches Gesetz umsetzen zu müssen, sondern die bestehende Situation verändern zu können. Dein Beitrag dazu ist da nicht hilfreich.
[…] Dennoch wurden in den Text von interessierter Seite und (manchmal offensichtlich böswillig) Forderungen hineininterpretiert, die darin überhaupt nicht enthalten sind. Durch diese Interpretationen ist der falsche Eindruck entstanden, der Musterantrag und die Position der SPD würde über die Forderungen anderer Parteien sogar noch hinausgehen. Dieses aber ist falsch. Alvar Freude hat dazu bereits bei heise.de, Jan Mönikes hat ebenfalls eine Klarstellung gebloggt. […]
»Treiber bei diesem Thema sind seit Jahren “normale” Ermittlungsbehörden. Und beim Thema IP-Speicherung mehr als 31.000 Internet-Betrugsfälle, wenn ich die neusten Zahlen richtig gelesen habe. Das sind einfach zu viele, als dass man argumentieren könnte, es gäbe keinen Bedarf einer Identifizierbarkeit von Teilnehmeranschlüssen anhand von IP-Adressen beim Zugangsprovider.
>Das heisst, die VDS wird für die Massenfälle gebraucht und das Gerede von schwersten Straftaten (inkl. Katalogstraftaten) war Irreführung der Bevölkerung, da diese Daten in der Regel nicht gebraucht werden, sondern nur der Beifang von Bestandsdaten…
Ach ja, falls ich das richtig interpretiere, ist das auch von der Politik gewollt, ansonsten gäbe es eine einfache Rückbuchungsmöglichkeit für diese Gelder (oder sind das alles Western Union Buchungen?) Die IP-Adresse ist keinesfalls der einzige Ansatzpunkt für Ermittlungen (allerdings ein bequemer, wenn man weiter nichts tun will…)
Ich bin übrigens immer noch an der nicht willkürlichen Unterscheidung von Bestands- und Verkehrsdaten interessiert…
Im Gegensatz zur VDS hat übrigens der neueste Vorschlag aus Brüssel, der verpflichtende Einbau eines
Notrufsystems in PKW (mit GPS) ab 2015 nicht nur als Ziel die Strafverfolgung. In einigen wenigen Fällen kann dadurch wirklich Leben gerettet werden, aber das muss man natürlich auch zwangsweise vorschreiben (die Möglichkeit des Trackings des Fahrzeugs ist natürlich rein zufällig.…)
Irgendwie (ich verstehe nicht recht, warum) hat sich bei mir die positive Sicht auf Europa (und die Institutionen) geändert
Die kann es bei WU nicht geben, da es sich da um die alte Form der „Postanweisung“ handelt und keine „moderne“ Überweisung von Bank zu Bank, Konto zu Konto. Diese Transaktionen jetzt zu verbieten oder mit weiteren Identifikationspflichten zu belegen, dagegen könnte man 1) genauso gut argumentieren, wie gegen die Identifikation eines Teilnehmeranschlusses und 2) hilft das Deiner Argumentation nicht, da man sich in Deutschland ja sehr wohl identifizieren muss, nur wenn das im Empfängerland nicht vorgeschrieben ist, dann dort halt nicht. Sprich: Der Absender ist identifizierbar und darauf kommt es ja auch bei der dynIP-Auskunft gerade an. Auf die Identität des Absenders, nicht des Empfängers.
Verstehe ich nicht. Bestandsdaten sind die Stammdaten, die man beim Billing für die Zuordnung der Verkehrsdaten und die Rechnungsstellung braucht. Bei dynamischer Vergabe der den Anschluss des Teilnehmers bezeichnenden Kennziffer ist diese sowohl Verkehs‑, als auch Stammdatum. Es ist „willkürlich“, wenn man trotz ihres Doppelcharakters so tut, als ob man sie nicht mehr wie andere Stammdaten beauskunften dürfte.
>Die kann es bei WU nicht geben
Weiss ich, die 31000 Fälle waren also alle WU?
Wäre es nicht einfacher, etwas gesunden Menschenverstand vorauszusetzen?
Übrigens, es gibt da einen nigerianischen Kosmonauten (Air Force Major Abacha Tunde), der schon seit 1989 im All ist, wenn man nur 10.000€ überweist, kann er zur Erde zurückkehren, und dann teilt er sein Millionenvermögen (Gehalt und Zinsen fast 15.000.000 amerikanische Dollars) mit dem, der ihm das Geld geliehen hat…
Wenn die Politiker was gegen Betrug unternehmen wollen würden, könnte man keine rechtsgültige Abonnements am Telefon oder mit einfachen Klick im Internet (aber für die Durchsetzung der Rechte der Abofallenbetreiber braucht man ja auch die VDS…) abschließen.
>Bei dynamischer Vergabe der den Anschluss des Teilnehmers bezeichnenden Kennziffer ist diese sowohl Verkehs‑, als auch Stammdatum.
Wenn man sie also für die Abrechnung nicht braucht, ist die Speicherung VDS.
(die alleine zur Strafverfolgung gebraucht wird und deshalb von allen Verdächtigen gespeichert werden muss.)
Es gibt Daten, die benötigt werden um Verbindungen herzustellen, Rechnungen zu erstellen, …; die gelöscht werden müssen, wenn sie dafür nicht mehr benötigt werden.
Und es gibt Daten, die nur zur Strafverfolgung benötigt werden und deshalb gespeichert/generiert werden.
Was ich von anderen Definitionen halt, habe ich schon gesagt
Schon, aber auch die Oma, der Unerfahrene oder selbst der Unvorsichtige oder Dumme haben Anspruch darauf, dass die Gemeinschaft Täter verfolgt, die sie zu Opfern gemacht haben. Der Starke und Schlaue braucht diesen Schutz eh nur sehr selten.
Die Privatautonmie abschaffen, nur um mögliche Missbräuche auszuschließen, die man aber ohne Einschränkung der Freiheit verfolgen könnte? Du nimmst wirklich seltsame Abwägungen vor, findest Du nicht? Denn damit würdest Du eine der wesentlichen Freiheiten beseitigen, obwohl Du doch gerade immer mit der Verteidigung der Freiheit argumentiert hast.
Das ist ja schon richtig. Nur ohne Gesetz gibt es auch keine Grenze mehr nach Oben. Und das führt auch ohne VDS-Gesetz zu: Speicherung von Daten auf Vorrat – mit durchaus sehr fragwürdigem Umfang. Und diese sind natürlich auch zu beauskunften. Wir wollen das daher ja insgesamt neu regeln, weil sonst kriegt man insbesondere das Filesharing-Problem nie anders geregelt. Schau dazu vielleicht auch mal hier: http://www.henning-tillmann.de/2011/09/der-spd-musterantrag-eingeordnet/
>Die Privatautonmie abschaffen, nur um mögliche Missbräuche auszuschließen, die man aber ohne Einschränkung der Freiheit verfolgen könnte?
Was will ich?
>Du nimmst wirklich seltsame Abwägungen vor, findest Du nicht?
Nein, finde ich nicht; ich kann nicht verstehen, wie ein Klick auf eine Seite ein Abonnement rechtskräftig begründen kann, oder wie man einer Oma eine Zeitschrift am Telefon aufschwatzen kann, ohne dass eine Unterschrift benötigt wird (soviel zur schwachen Oma, die ja kommen musste, und der ich die VDS verdanken soll…). Das hat absolut nichts mit der Einschränkung von Freiheit zu tun und man kann selbstverständlich noch eine Pizza am Telefon bestellen (um das nächste Argument vorwegzunehmen).
Ich würde Freiheiten, wesentliche Freiheiten beseitigen, welche denn?
Wenn ich diese Freiheiten beseitigen will, wieso kann man dann am Telefon keine Immobilien verkaufen oder kaufen, keine Mietverträge per email kündigen? Sind das nicht alles unzulässige Eingriffe in die Privatautonomie? (Ach ja, natürlich Abofallenbetreiber könnten nicht ihre Leistungen, die sie (nicht) erbracht haben, einklagen; es sei denn sie legen einen Vertrag mit Unterschrift vor…)
>Nur ohne Gesetz gibt es auch keine Grenze mehr nach Oben.
Es gibt die Vertragsfreiheit und den Grundsatz der Datensparsamkeit. Das reicht meiner Meinung nach in Verbindung mit der Auskunftspflicht der Provider mir gegenüber, was sie gespeichert haben.
Nach der Datensparsamkeit müssen Daten, die nicht gebraucht werden, gelöscht werden, nach der Vertragsfreiheit werde ich nie einen Provider auswählen, der meint mehr speichern zu müssen, als benötigt wird. (Das gilt natürlich nur bei einem funktionierendem Markt, nicht bei einem Kartell oder Monopol, wie es die Telekom lange Zeit darstellte).
Das Argument, dass die VDS die Datensammelwut des Staates begrenzt, habe ich allerdings noch nicht gehört, das war mir neu…
Ich sehe die VDS als Präzedenzfall, bei dem erstmalig eine umfassende Datensammlung von allen Bürgern angelegt wird, der man auch nicht durch Verzicht entgehen kann. Diese Sammlung wird nur gebraucht, falls ich ein Verbrechen irgendwann später mal begehen werde. (Und das ist für eine Demokratie nicht tragbar, bislang gab es so etwas nur in Diktaturen und das war meistens wegen der technischen Gegebenheiten unvollständig)
Ich bin also potentieller Straftäter. Wenn ich das nicht sein sollte, braucht man diese Daten zumindest von mir nicht zu speichern.
Alle anderen vollständigen Sammlungen haben nicht die Strafverfolgung zum Ziel, sondern können bestenfalls als Nebeneffekt dazu gebraucht werden, oder sie umfassen nicht alle Personen. Da gibt es dann auch strenge Löschregeln. Durch die staatlich erzwungene VDS missbraucht meiner Meinung nach der Staat sein Machtmonopol.
Der Bürger ist also nicht länger unverdächtig, sondern ein Objekt, das überwacht werden muss.
Bloss: wie kann man ein Staatswesen aufbauen, wenn die Mehrzahl, nein alle Bürger potentielle Straftäter sind? Alle Staatsgewalt geht vom potentiellen Straftäter aus? Das kann nicht gut gehen.
(Und es ist eine Umkehr im Staatsverständnis, das passt nicht zu einer Demokratie, sondern eher zu einer Monarchie oder Oligarchie.)
>weil sonst kriegt man insbesondere das Filesharing-Problem nie anders geregelt
Das die VDS nicht in erster Linie für die Katalogstraftaten benötigt wird, hatte ich ja schon vermutet. (Ich dachte allerdings eher an Zierke mit seiner Bundespolizei, die geheimdienstliche Kompetenzen anstrebt…)
Es ist also die Aufgabe der Politik, überholte Geschäftsmodelle durch Gesetze zu schützen? Das wird auch nicht funktionieren, wie beim Hase-Igel-Lauf wird man immer restriktivere Gesetze benötigen…
OK, verstanden. Du forderst also Formbedürfnisse für alle Arten von Geschäften. Damit machst Du zwar alles komplizierter, verbesserst die Situation von Verbrauchern aber nicht wirklich. Denn im Moment gelten bei all den von Dir genannten Geschäften die Regeln des Verbraucher-Widerrufs für ein Jahr (mangels ordnungsgemäßer Belehrung). Das würde damit wegfallen. Wenn Menschen nicht in der Lage sind, ihr Widerrufsrecht auszuüben oder Zahlen, obwohl sie es überhaupt nicht müssten, dann kann man ihnen in der Tat nicht helfen. Nur sind das vielleicht schlechte Geschäfte, aber es ist kein Betrug. Und nur darum geht es.
Ja, das glaub ich Dir – es reicht aber nicht rechtlich. Natürlich kannst Du einen Provider wählen, der sich damit rühmt gar nichts zu speichern. Allein: Das wäre sogar unter dem VDS-Gesetz legal und möglich gewesen.
Das mit dem Generalverdacht usw. sehe ich generell genauso wie Du. Es ändert aber nichts daran, dass das BVerfG darin aber gerade NICHT einen Machtmissbrauch erblickt. Und damit führt diese Meinung eben zu keinem Ergebnis.
Ja, eben. Das aber ist heutige Rechtslage. Und nur durch eine gesetzliche Änderung wird es aufhören.
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